In meinem Buch „Pfote aufs Herz“ lernt der Leser zunächst Kater Hannibal alias Schnups kennen. Wie wir zu ihm kamen, das erzählt neben vielen anderen Menschen-Katzen-Erlebnissen mein Buch. Aber auch hier im Blog wird es immer mal wieder etwas über diesen Kater zu lesen geben.
Dass unser Fahrradschuppen einmal zum Kreißsaal für Katzen werden könnte, hatte ich nun wirklich nicht gedacht. Die schwarze Hofkatze Minka, die sich den Hof des Mehrfamilienhauses, in dem wir damals wohnten, als Mittelpunkt ihres Reviers auserkoren hatte, muss das allerdings anders gesehen haben.

Für sie muss unser Schuppen der ideale Ort gewesen sein, um ihren Nachwuchs zur Welt zu bringen. Eine alte Kinderbettmatratze, die wir in den Schuppen ausgelagert hatten, diente ihr für diesen Zweck als Lagerstatt und nachfolgend ihren drei Katzenbabys als perfekte Kinderstube. Nachdem wir unsere supersüßen pelzigen Untermieter entdeckt hatten, brachten wir es nicht übers Herz, sie einfach vor die Tür zu setzen. Irgendwie saß mir immer noch das schlechte Gewissen, das mir Minka mit ihrem Kopfkissengeschenk beschert hatte, im Nacken. Die kleine Katzenfamilie durfte also dieses Mal bleiben, wo sie war. Und schließlich versuchte ich sogar, ein schönes Zuhause für die Katzenkinder zu finden. Zwei der Kätzchen konnten auf einen Bauernhof ziehen, doch eins blieb am Ende trotz all meiner Mühen übrig – ein graugetigertes Katerchen. Und genau dieser kleine Bursche schlich sich nach und nach in mein Herz und wurde im Laufe der Zeit zu einem Teilzeithauskater, der regelmäßig von uns Futter bekam und bei Bedarf auch einen trockenen und warmen Schlafplatz in unserer Wohnung. In Freiheit geboren, ist Schnups aber nie ein reiner Stubenkater geworden. Er liebte das Leben in der freien Natur viel zu sehr. Zum Futtern kam er ins Haus, mitunter auch für ein kurzes Nickerchen. Letzteres speziell im Winter, wenn es draußen nass und unangenehm kalt war. Dann lag er gern für eine Weile an der warmen Heizung – oft regelrecht in die Heizungsrippen gefaltet.
Er wuchs mit unserer Unterstützung zu einem prächtigen Kater heran. Damals, als wir ihn unter unsere Fittiche nahmen, hatte man es allgemein noch nicht so mit dem Kastrieren der Katzen. So blieb auch Kater Hannibal, so hatte ich ihn bald genannt, ein richtiger Kater. Im Frühjahr und Sommer lockten ihn somit auch bald die Katzendamen, und mit ihnen kam es wohl auch öfter zu Rivalitäten unter den Katern. Dabei müssen mitunter ganz schön die Fetzen geflogen sein, denn unser getigerter Freund kam nicht selten mit einem neuen Schlitz im Ohr oder sogar einem Schmiss in seinem Pelz zurück. Kleinere Wunden konnte ich selbst behandeln. Manchmal aber entzündete sich doch eine dieser Verletzungen, die dann dummerweise auch einen Tierarztbesuch notwendig machte. Eine richtige Katzentransportbox besaßen wir damals nicht. Bis dahin hatten wir nicht vermutet, dass wir den Kater irgendwann irgendwohin würden transportieren müssen. Doch das war ein gewaltiger Irrtum, wie sich plötzlich herausstellte. Also musste für die Fahrt zum Tierarzt auf die Schnelle etwas anderes herhalten. Ein Einkaufskorb aus Plastik sollte wohl gehen. Darüber spannten wir ein altes Fischernetz, banden es fest und fertig war die Katzenbehelfstransportbox.
Als ich mich eines Tages mit dem Kater auf den Weg in die hiesige Tierklinik machen musste, standen mir bereits vor der Fahrt dorthin die Schweißperlen auf der Stirn. Schon allein der Akt, den Kater in die Behelfsbox zu bekommen, war mehr als schweißtreibend. Selbst die liebste Hauskatze lässt sich ja in den meisten Fällen, wie ich heute weiß, nicht ohne Gegenwehr in den schönsten und bequemsten aller Transportkörbe stecken. Unser halbwilder Hannibal gebärdete sich entsprechend panisch. Bis dahin war er nie in irgendetwas eingesperrt worden. Was hatten die Menschen nur plötzlich mit ihm vor? Ich konnte ihm ja leider nicht erklären, dass diese „Zwangsjacke“ nur zu seinem Guten sein sollte. Selbst, wenn er es verstanden hätte, hätte ihm sicher immer noch die Einsicht in die Notwendigkeit dieser Aktion gefehlt.
Irgendwie aber mussten wir den Kater in die Behelfsbox bekommen. Gutes Zureden war illusorisch. Allein hätte ich das Problem wohl kaum lösen können. Einer musste den Korb halten. In der Regel war das mein Mann. Da der Kater zu mir am meisten Vertrauen hatte, war ich dafür zuständig, ihn zu greifen und in den Korb zu verfrachten. Anschließend musste blitzschnell das Netz über Kater und Korb geworfen und irgendwie befestigt werden. Wenn das nicht in rasanter Geschwindigkeit geschah, war der Kater schneller wieder raus aus dem Korb, als wir gucken konnten. Mein Blutdruck war bei diesen Aktionen sicher jeweils jenseits von Gut und Böse. Wahrscheinlich hätte ich selbst einen Arzt gebraucht, der sich um meinen Bluthochdruck gekümmert hätte.
Doch schließlich war es geschafft, der Kater steckte im Einkaufskorb. Es konnte also losgehen auf die Abenteuerreise. Ob ich Hannibals Vertrauen in mich verspielt hatte, würde sich wohl nach dieser Aktion zeigen.
Wenn man mit Kindern reist, schickt man sie gewöhnlich vor der großen Fahrt noch einmal auf die Toilette. Man möchte schließlich nicht, dass unterwegs ein Unglück geschieht, denn, weiß man, ob man gerade dann anhalten kann, wenn die Blase von Töchterchen oder Sohnemann überzulaufen droht?
Der Kater aber wurde ohne Vorwarnung einkassiert und in die „Zwangsjacke“ gesperrt. Er konnte also vorher gar nicht noch mal schnell für kleine Kater gehen.
Was ich davon haben sollte, würde ich bald sehen. Wahrscheinlich läuft wohl auch bei Katern vor lauter Furcht vor dem, was ihm bevorstehen mag, die Blase schneller voll als zu normalen völlig ungestressten Zeiten. Da geht es einem Kater sicher nicht anders als uns Menschen.
Jedenfalls hatte ich den Behelfskatzentransportkorb samt Kater eben aus dem Auto gehoben und mich auf den Weg zur Tierarztpraxis gemacht. Unterwegs kam mir ein Herrchen mit Hund entgegen. Plötzlich vernahm ich ein plätscherndes Geräusch. Ich glaubte, der Hund vor mir würde sich gerade auf dem Weg erleichtern, hatte er doch endlich den furchtbaren Tierarztbesuch hinter sich. Doch nix da, sein Herrchen grinste mich amüsiert an und schaute belustigt auf mein fest verschnürtes Katerpaket unter dem Arm. Erst jetzt merkte ich, dass das Plätschern nicht von vorn, sondern von rechts neben mir kam. Zugleich spürte ich, dass meine Hand, die den Korb mit dem Kater umfasst hielt, nass wurde. Erschrocken begriff ich, was da gerade abging, und umfasste nun auch mit der zweiten Hand den Korb, um ihn möglichst weit von mir abhalten zu können. Mein plüschiges Paket war gerade am Auslaufen. Es plätscherte und plätscherte und wollte kein Ende nehmen. Peinlich berührt schaute ich zum Hundemenschen. Der grinste nur weiter frech und hatte wahrscheinlich später eine lustige Begebenheit zu erzählen.
Letztendlich war ich aber froh, dass die ganze Sache nicht im tierärztlichen Wartezimmer und vielleicht noch auf meinem Schoß stattgefunden hatte. Da hätten auch Tierarzt und sein Helferteam am Abend noch einen Schwank aus ihrem Berufsalltag erzählen können. Doch wer weiß, vielleicht war ja auch schon mein Katzentransportbehältnis an sich einen Lacher später am Abendbrotstisch wert.
Als ich mein getigertes Mitbringsel zur tierärztlichen Begutachtung aus dem Korb nehmen sollte, fragte ich den Tierarzt, ob er den Kater auch wieder einfangen würde, sollte der einfach aus dem Korb springen und panisch durch die Praxis sausen. Der Kater wäre nämlich mehr ein Halbwilder, mit dem ich bisher noch bei keinem Tierarzt gewesen wäre. Da aber ein Abszess behandelt werden müsste, sah ich keine andere Möglichkeit, als den Kater zu seinem Glück zu zwingen. Ich wüsste nun aber nicht, wie er in dieser für ihn völlig fremden Umgebung reagieren würde, wenn wir ihn aus dem Korb nehmen würden. Vielleicht hätte ich selbst ja auch durch diese Zwangsmaßnahme das Vertrauen des Katers verspielt. Es wäre also fraglich, ob ich mit dem Einfangen mehr Glück haben würde.
Der Tierarzt schaute mich einigermaßen verunsichert an und entschied dann, den Kater samt Netz im Korb zu belassen. Durch die Maschen des Netzes über dem Korb konnte er durchaus den Abszess, den sich der Kater am Schwanzansatz zugezogen hatte, ausreichend begutachten und entsprechend behandeln. Im Korb konnte der Kater sich nämlich beim besten Willen nur schwer umdrehen, geschweige denn im Falle der Fälle zubeißen.
Der Doc öffnete den Abszess mit einem kleinen Schnitt, während der Kater stur und starr verharrte, säuberte die Wunde und spritzte dem armen Plüschlöwen noch ein Antibiotikum. Wiederkommen bräuchten wir nur, so der Doc, sollte die Behandlung nicht erfolgreich gewesen sein. Ich bekam noch eine Salbe, die ich noch ein paar Tage auf die Wunde streichen sollte, und schon waren wir entlassen.
Wieder daheim sprang der Kater, als das Netz vom Korb entfernt war, mit einem Riesensatz aus seinem Zwangsbehältnis. Natürlich wollte er sofort raus und weit weg von mir. Ich fragte mich in diesem Moment, ob er wohl jemals wiederkommen würde? Doch er kam und ließ sich sogar von mir mit der Salbe verarzten. Nur, wenn er in Zukunft den Korb sah, machte er, dass er fortkam. Also mussten wir später in ähnlichen Situationen immer zuerst den Kater packen. Erst danach konnten wir den Korb hervorzaubern. Zum Glück waren solche Aktionen nicht allzu oft notwendig. Aber einige Male eben doch. Mir stand jedes Mal schon vorher der Angstschweiß auf der Stirn.

Doch Schnups, wie wir Hannibal später nur noch nannten, hatte trotz solcher Aktionen immer noch genug Vertrauen zu mir. Er kam immer wieder zurück – bis auf einen Tag, den 12. November 1989 … Und was an jenem Tag damals geschah, das kann man in meinem Buch nachlesen.
Ja, liebe Silberdistel, welch ein Streß solche Tierarztbesuche nicht nur für den tierischen Patienten sind, das hat mir Mimi ja auch noch in ihren letzten Lebensmonaten beigebracht. Und mein damaliger Chef von meiner Bauernhofarbeitsstelle mußte nach dem Versuch, kleine Kätzchen zum Tierarzt zu befördern, anschließend selbst in ärztliche Behandlung, die Kleinen hatten sich in einer Art Höhle unter einem Schuppen gerettet und er hat in der Annahme „kleine Katzen, kleine Krallen und Zähne“ beherzt mit beiden Händen hineingegriffen, das war ein grober Fehler. Denn auch kleine Krallen und Zähne können erheblichen Schaden anrichten, zumal, wenn es sich um mehrere Besitzer derselbigen handelt.
Ich kann mir also gut vorstellen, wie rasant dein Blutdruck in die Höhe geschossen ist bei den Aktionen mit Hannibal.
Entschuldige, ich mußte jetzt doch so lachen bei der Beschreibung deines patschnassen Bündels kurz vor der Tierarztpraxis, dir war bestimmt nicht zum lachen damals, und ich bin auch überzeugt davon, daß der Hundebesitzer dein Erlebnis in der Familienrunde breit getreten hat, oh, Himmel!
Es ist aber doch schön, daß unsere Plüschlöwen und Bonsaitigerinnen letztlich immer noch Vertrauen zu ihren Menschen haben, nicht wahr, auch Mimi hat mir die Tierarztbesuche damals ja nicht nachhaltig nachgetragen.
Danke für die schöne Geschichte von eurem Schnups, ich wünsche allen lieben Silberdisteln eine gute Nacht und eine schöne neue Woche mit lieben Streichlern für das Duo Torty und Keks, liebe Grüße
Monika.
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Ich denke mal, liebe Monika, je ursprünglicher die Tiere lieben, umso aufregender ist es dann auch, wenn man mit ihnen mal zum Tierarzt muss. Unser Schnups war so betrachtet ein recht gutartiger Halbwilder. Aber wahrscheinlich auch deshalb, weil ich mich schon um ihn gekümmert habe, als er noch in den Kinderschuhen steckte. Andere Menschen außer uns hat er nicht an sich herangelassen. Die konnten ihn noch so viel locken. Da blieb er immer auf Abstand. Bis zu diesem ersten Tierarztbesuch mussten wir ihm zuvor ja auch nie Zwang antun. Ich war daher nicht sicher, ob wir es uns nun mit ihm total verscherzt hatten. Zum Glück war es nicht so. Er kam ja dann schnell wieder und ließ sich auch von mir verarzten.
Oh ja, wenn Katzen zubeißen, dann kann das schlimm enden. Ich weiß von einem Bekannten, dass der sogar eine ganze Weile im Krankenhaus zubringen musste, weil sich bei ihm eine Katzenbissstelle ganz schlimm entzündet hatte. Damit ist also nicht zu spaßen.
Auch Euch eine schöne Woche und liebe Grüße zurück. Von den beiden Pelzträgern liebe Schnurrgrüße. Sie sind ganz doll froh, uns wiederzuhaben. Wir sind am Sonntag von einem zehntägigen Urlaub aus der Rhön zurückgekommen.
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Liebe Silberdistel
ich habe nun auch wieder sehr gern die nächste Geschichte Euerer „Abenteuer“ mit Eueren Miezchen gelesen,diesmal aus dem Leben des guten Scnups. 😘 So ein hübsches Kerlchen!
Manches aaah und oooh hab ich innerlich mitgeseufzt,man erlebt wirklich alles richtig mit-die niedlichen,die schönen,die mitleidenden und die aufregenden Augenblicke! Und nun bin ich wieder sehr gespannt auf die Fortsetzung,du hast immer so spannende Überleitungen.
Hab herzlichsten Dank dafür und einne guten Urlaubsnachklang!
Ganz liebe Grüße an Dich und liebe Streichler für Torty und Keks 💓 💓
Brigitte.
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Ja, liebe Brigitte, mit Schnups haben wir auch viel Aufregendes erlebt. Aber die Tierarztbesuche waren immer besonders aufregend. Ich konnte ihm ja schlecht erklären, dass das alles nur zu seinem Guten wäre. Aber vielleicht merken die Tiere letztendlich auch, dass man ihnen nur helfen möchte. Wenn Schnups plötzlich gar kein Vertrauen mehr gehabt hätte, dann wäre er sicher nicht mehr wiedergekommen. Aber er kam und ließ sich sogar die entzündete Stelle von mir behandeln.
Danke für die lieben Wünsche zum Urlaubsausklang. In der Regel gibt es nach dem Urlaub ja erst einmal wieder viel Arbeit. Gerade bin ich dabei, die Wäscheberge zu bewältigen. Na, und der Garten ist inzwischen fast zum Urwald geworden. Da staunt man, was zehn Tage so ausmachen. Diesen Beitrag hatte ich schon vor dem Urlaub so gut wie fertig. Eigentlich fehlten nur noch die Bilder. Daher konnte ich ihn nebenher jetzt schnell noch einstellen.
Ganz liebe Grüße zurück und Schnurrgrüße vom pelzigen Doppel
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„Schnups“ heißt der Gute! 😗
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😉❤
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Oh ja, diese Situation mit dem Transport kennen alle Katzenhalter/innen –
unsere Lilly sah nur den Korb im Zimmer und schwupp war sie hinter dem Sofa verschwunden … 😉 😀
Schön erzählt, Silberdistel, ich bin gespannt auf die Fortsetzung! Streichler für deine beiden Fellpfötchen, Torty und Keks und einen lieben Gruß an dich von Charis ❤
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Mit Schnups zum Tierarzt – das war schon immer eine ganz besonders heikle Situation, zumal wir ja nicht mal eine richtige Transportbox hatten. Aber andererseits hatten wir noch keine Katze, die freiwillig in die Transportkiste gegangen ist. Erst nicht rein und beim Tierarzt allerdings nicht raus 😂Nur, wenn sie fertig sind, dann gehen sie begeistert wieder in die Transportbox 😁 Das geht dann ganz freiwillig und ohne Zwang. Manchmal möchten sie sogar schneller rein, als sie sollen. Aber das kennst Du sicher auch von Lilly.
Einen lieben Gruß zurück an Dich und dankende Schnurrgüße für die Streichler von den beiden Pelzträgern
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