Der Bratwurstverweigerer

Die eine oder andere Geschichte mit und um unseren Kater Pooky ist nicht in mein Buch eingeflossen. Einiges ist mir erst wieder eingefallen, als „Pfote aufs Herz“ eigentlich schon fertig war. Und da ich das Buch endlich einmal abschließen wollte, blieb so manches Erlebnis außen vor. Ich möchte diese Geschichten aber trotzdem erzählen. Warum also nicht hier?

Im Jahre 1997 mussten wir unser langjähriges Zuhause, das uns nur wenige Meter vom Ostseestrand getrennt hatte, verlassen. Die Wende 1989 hatte unsere Familie zwar recht gut überstanden, sie hatte uns sogar eine Traumwohnung am Meer beschert. Doch acht Jahre später war dieser Traum ausgeträumt. Wir mussten uns wegen Verkauf des Hauses, in dem wir damals wohnten, und wegen der sich daran anschließenden Eigenbedarfskündigung ein neues Zuhause suchen. Ende 1997 schnürten wir schließlich unser Ränzlein und zogen um. Wir wohnten nun zwar noch immer nicht weit von der Ostsee entfernt, aber eben doch nicht so traumhaft nah wie zuvor. Meeresduft und Ostseesand waren nicht mehr ganz so allgegenwärtig wie in den Jahren zuvor. Nur wenn der Wind kräftig aus dem Norden bläst, dann ist manchmal auch in unserem jetzigen Zuhause ein zarter Meeresduft wahrzunehmen.

Unser Kater Pooky hatte im Sommer nach unserem Umzug sein neues Revier voll in Besitz genommen. Auch die Nachbarn rund um uns herum wussten inzwischen, wo dieser neue Plüschlöwe hingehörte.

Ein Sommer, ohne ab und zu den Holzkohlegrill anzuschmeißen, ist natürlich kein Sommer. So wurde auch in unserem neuen Wohngebiet fleißig gegrillt. Pookys Nase lockte ihn natürlich auch gern an solche verführerisch nach Fleisch duftenden Orte. Man könnte doch mal schauen, ob dort nicht etwas für den sich so leer anfühlenden Katermagen abzustauben wäre.

Sicher mit der Absicht, sich ein leckeres Stückchen Fleisch zu ergaunern, hatte sich Pooky bei unserem grillenden Gegenüber eingefunden. Hungrige Kateraugen erweichen einfach jedes Menschenherz, so muss der Schlingel wohl gedacht haben. Und so schlich er wie die Katze um den heißen Brei um den Garten des grillenden Nachbarn. Irgendwann wurde die fröhliche Grillrunde auch auf den armen hungrigen Pelzträger aufmerksam. Das Fleisch hatten die Menschen schon längst verzehrt, doch etwas Bratwurst war noch übrig. Der Kater würde sich bestimmt mit Wonne auf die Köstlichkeit stürzen. Der Herr des Hauses schnitt die Wurst sogar noch in mundgerechte Stücke und kredenzte sie voller Stolz dem Katertier. Doch der edle Wurstspender wurde knallhart enttäuscht. Pooky schnupperte nur kurz an der Bratwurst, drehte sich um und ging erhobenen Hauptes und Schwanzes davon. Welche Beleidigung, ihm eine simple Bratwurst anzubieten! Ihre ekligen Reste konnten sie selber essen.

Am anderen Tag hielt ich einen kurzen Plausch mit unserem Nachbarn von gegenüber. Dabei erzählte er mir, dass unser Kater ihre superleckere Bratwurst, die sie ihm frisch vom Grill angeboten hätten, einfach ignoriert hätte. Ich konnte nicht anders und musste loslachen. Der Nachbar schaute mich etwas konsterniert an. Immer noch lachend erklärte ich ihm, dass unser Kater einfach keine Bratwurst mögen würde. Und er hatte gedacht, er würde Pooky etwas ganz besonders Gutes tun. Tja, falsch gedacht. Da hatte er die Rechnung ohne unseren Kater gemacht.

Ich hatte mir gut vorstellen können, wie enttäuscht die Nachbarn unserem überheblich davonschreitenden Kater hinterhergeschaut hatten. Pooky eine Bratwurst anzubieten, das glich nahezu einer Beleidigung. Bratwurst mochte er noch nie. Unter einem ordentlichen Stückchen Fleisch machte er es nicht. Bratwurst schien in seinen Augen niedrigste Qualität zu sein. Und dann noch eine Bratwurst, die niemand mehr gewollt hatte. So etwas brauchte ihm keiner anzubieten, schließlich war er kein Resteverwerter. Edles Grillfleisch wollte er serviert bekommen. Gegrillter Fisch würde natürlich auch gehen. Aber darunter machte es Pooky nicht. Und wenn er uns etwas vom Tisch stahl, was er immer wieder mal machte, wenn wir nicht aufpassten, dann waren es immer eher edle Fleischstückchen. An Bratwurst hatte er sich noch nie vergriffen.

Ja, Katzen können manchmal sooooo beleidigend sein. Man denkt, man tut ihnen jetzt einmal etwas richtig Gutes. Was machen sie? Sie schauen es nicht einmal an. Sie drehen sich einfach um und stolzieren erhobenen Hauptes davon. Man bekommt meistens noch ein richtig schlechtes Gewissen, weil man dem armen Tier so etwas Minderwertiges angeboten hat. Aber ich glaube, genau das wollen sie letztendlich auch erreichen. Sie testen damit unsere Unterwürfigkeit. Das nächste Mal steht dann ein Gourmetteller vor der pelzigen Herrschaft 😉

Veröffentlicht von

Silberdistel

“Ein Raum ohne Bücher ist wie ein Körper ohne Seele.” (Cicero)

12 Gedanken zu „Der Bratwurstverweigerer“

  1. Das ist eine sehr niedliche und fast schon lustige Geschichte,liebe Silberdistel! Sehr schön,dass du sie uns noch erzählst,es wäre sonst wirklich schade drum gewesen.,wenn sie im Archiv verschwunden wäre.😉
    Doch ein wirklicher Verlust,dass ihr euer Traumdomizil aufgeben musstet.
    Ja,verführerischen Düften kann man sich schlecht entziehen,geht es mir doch genauso.
    Standhaft,der gute Pooky,wie er die Bratwurst verweigert hat.Mit sowas rechnet man als gutmeinender Mensch halt auch nicht.Das gute Katerchen war eben ein Gourmet und Anhänger der gehobenen Fleischköstlichkeiten und Spezialitäten.
    Ja,die Miezen zeigen eben immer mal,dass Frauchen und Herrchen mehr ihr Personal sind und weniger Autoritäten.Den nächsten Leckerbissen dann vielleicht noch mit Serviette und Besteck kredenzt bekommen. 😊 Aber gerade deswegen haben wir sie so sehr lieb,die guten charakterstarken Tierpersönlichkeiten! 😘
    Der Pooky war aber auch ein ganz sehr hübsches Kerlchen. 🥰

    Ganz liebe Abendgrüße an dich und die beiden guten Fellnasen 💓💓
    Brigitte.

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    1. Dieser Kater war manchmal schon lustig. Ich konnte mir gut vorstellen, wie enttäuscht der Nachbar war, als Pooky seine Bratwurst nicht wollte. Wir hatten das ja bereits mehrmals getestet, wenn wir selbst gegrillt haben oder es auch nur Bratwurst aus der Pfanne gab. Bratwurst, egal welche Sorte, er hat sie stets überheblich stehen lassen.
      Danke für Deine Zeilen, liebe Brigitte und liebe Abendgrüße zurück von mir und den beiden Fellnasen 😻😸

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  2. Danke – du hast meinen Abend gerettet 🙂 😉
    Pooky hat wunderschöne weiße Pfoten und der Nachbar hat mein wahres Mitgefühl. Sie können einem echt klarmachen, dass wir NUR die Futtergeber sind – Götter lassen sich nunmal bedienen 😉 😀

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    1. Du hast es hoffentlich inzwischen gelesen bzw. gesehen, dass Dein Kommentar hier gut angekommen ist. Ich muss die Kommentare nur jedes Mal erst freischalten. Manchmal dauert es halt ein wenig, weil ich es nicht immer gleich sehe.
      Der Nachbar war auch ziemlich geknickt, weil seine milde Gabe einfach ignoriert wurde. Aber so sind Katzen eben. Aber inzwischen weiß der Nachbar das wohl selbst auch recht gut. Einige Jahre später hatte er nämlich auch eine Katze 😁
      LG zu Dir

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  3. Hihi, wie unsere Karten, die kein Katzenfutter mochten, dafür gekochtes Geflügelfleisch. Sehr gewöhnungsbedürftig.
    Die konnten noch so viel Hunger haben, das Katzenfutter blieb stehen, es wurde sogar geniest und als sie klein waren, fingen sie vor dem Futter zu scharren an 😂😍❤️ Ich stelle fest, dass ich auch mäkelig geworden bin, was das Essen angeht.

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    1. Unsere jetzigen beiden Pelztiere sind, was Katzenfutter betrifft, auch sehr mäkelig. Aber immerhin lehnen sie nicht alle Sorten ab. Das mit dem Scharren kenne ich aber auch. Da habe ich mich schon manchmal gefragt, ob sie es zuscharren wollen, weil sie es so unappetitlich finden 🤔
      Liebe Grüße zu Dir ❤❤❤

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  4. „Also, bitte, Bratwurst und noch dazu als Rest, das grenzt doch an Majestätsbeleidigung“, würde Mimi in heaven jetzt kommentieren, denn sie stimmte da mit eurem Pooky voll überein, Bratwurst war ein no go, lach! Ich denke da an unsere Grillabende auf Balkonien, die Bratwurst für mich, die herrlich gebräunten sooooo leckeren Hähnchenschenkel für Mimi! 😂 Wir sind und bleiben das Personal, daß jederzeit für den Gourmet-Teller unserer pelzigen Herrschaft zu sorgen hat! 🤭😂 Ich kann mir so gut die Enttäuschung vom Nachbarn vorstellen, der es so gut gemeint hatte! Eine ähnliche Enttäuschung gab es mal bei mir, als ich für Mimi strahlend vom einkaufen frisches Tatar mitgebracht hatte und sie genauso reagiert hat, wie euer Pooky beim Nachbarn und seiner Bratwurst!
    Pooky war so ein hübscher Kater, ich finde die bernsteinfarbenen Augen und seine süßen weißen Pfötchen so besonders schön!
    Danke für die feine Geschichte von Katzengourmet Pooky, das macht immer so viel Freude, weil auch bei mir da so viele Erinnerungen wach werden.
    Eine gute Nacht für euch alle mit einem untertänigsten Streichler für eure pelzigen Herrschaften, 🐈🐈❤❤ liebe Grüße
    Monika.

    Gefällt 2 Personen

    1. Bratwurst war für Pooky wirklich das Letzte. Ich glaube, er hat es tatsächlich als Majestätsbeleidigung angesehen 😂 Na, dann kennst Du solche Situationen ja auch von Mimi. Man denkt, man tut ihnen was Gutes und dann sehen sie es nicht mal an. Da zeigen sie uns wirklich, dass wir nur das Personal sind, das noch dazu nicht weiß, was die Herrschaft gerne speist. Eigentlich wäre das ein Entlassungsgrund 🤭
      Dir, liebe Monika, noch einen schönen Abend und liebe Grüße zurück und natürlich Schnurrgrüße von meiner pelzigen Herrschaft 😉

      Gefällt 1 Person

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