Unser Teilzeitkater Hanniball bzw. Schnups, in meinem Buch begegnet er uns gleich zu Anfang, war zwar vorwiegend ein Draußenkater, doch in der kalten Jahreszeit war er gern auch etwas länger bei uns in der Wohnung. Wenn ich nachmittags von der Arbeit heimkam, saß er oft schon, sehnsüchtig auf mich wartend, auf dem Fensterbrett unseres Schlafzimmerfensters. Kaum hatte er mich gesehen, kam er angespurtet, um mich freudig zu begrüßen und mit mir ins Haus zu gehen. Im Hausflur hatte er es gewöhnlich besonders eilig, vor unsere Wohnungstür zu kommen. Der Hausflur ängstigte ihn immer irgendwie. Mitunter tauchte dort nämlich unversehens ein fremder Mensch auf. Dann geriet Schnups schnell mal in Panik und versuchte verzweifelt, sich hinter mir zu verstecken. In solchen Fällen musste ich immer ganz besonders schnell die Wohnungstür aufschließen, damit er sich in unserem Flur vor diesem fremden Menschen in Sicherheit bringen konnte. Andere Menschen waren und blieben für ihn immer unheimlich. Er hielt sich stets möglichst fern von ihnen. Wesentlich lieber als den Hausflur benutzte Schnups daher das Schlafzimmerfenster als Zugang zu unserer Wohnung. Oft aber hatte er es so eilig, zu seinem Futterteller in unserer Küche zu kommen, dass er dann doch todesmutig den Weg zusammen mit mir durch den Hausflur wählte. Das war besonders in der kalten Jahreszeit der Fall. Im Winter waren die Mäuse wohl eher rar und damit war das Jägerglück des Katers auch eher mäßig. Nur verständlich, dass ihn sein leerer Magen magisch zu seinem Futterteller in unserer Küche zog.
Gut gesättigt machte er anschließend gern ein Verdauungsschläfchen in unserem Wohnzimmer – ganz in Ruhe und in Sicherheit. Richtig entspannt schlafen konnte er, so glaube ich, nur in unserer Wohnung. Nur dort fiel alle Hektik von ihm ab. Manchmal bot er ein herrliches Bild, wenn er endlich völlig entspannt dalag mit in die Heizungsrippen gefalteten Pfoten, den Bauch dabei ganz dicht an die Wärmequelle geschoben. Nicht selten lag er fast mehr unter statt an der Heizung, um mit möglichst jedem Quadratzentimeter seines Körpers die wohlige Wärme zu tanken. In der Regel machte er sich erst nach unserem abendlichen Fernsehprogramm wieder auf den Weg nach draußen, um ausgeschlafen die Nacht bis zum frühen Morgen und bis zu seinem Frühstück bei uns im Freien zu verbringen.
So saß ich an einem kalten Winterabend gemütlich vor dem Fernseher, vor mir eine Tüte mit Studentenfutter und ließ mir die knackigen Nüsse schmecken. Kater Schnups schlief schon eine ganze Weile selig und entspannt mehr in als vor der Heizung. Plötzlich aber kam Leben in den eben noch tief und fest schlummernden Kater. Langsam drehte er den Kopf in meine Richtung und schaute mich aus schmalen Pelzschlitzen an. Interessiert schnüffelte er zu mir hinüber. Dann entknotete sich das Pelzbündel langsam aus den Heizungsrippen, erhob sich, reckte und streckte sich, gähnte einmal herzhaft und kam schließlich zu mir rüber. Dicht vor mir blieb er stehen, setzte sich auf sein pelziges Hinterteil und sagte: „Mau!“
Ich wandte mich vom Fernseher und vom Studentenfutter ab und schaute den Kater gespannt an: „Na, was ist? Möchtest Du heute etwa schon früher raus als sonst? Okay, dann komm, ich lass Dich schnell in den Garten!“

Doch als ich aufstand, zur Tür ging, um den Kater ins Schlafzimmer und von dort hinaus in den Garten zu lassen, folgte er mir nicht. Die Tüte mit dem Studentenfutter hatte ich auf der Couch liegengelassen. Scheinbar hatte genau die das Interesse des Katers geweckt. Er wollte also nicht vorzeitig zum abendlichen Reviergang aufbrechen, ihn interessierte vielmehr, was in der Tüte war.
Ich grinste den Kater an und fragte: „Du willst doch nicht etwa vom Studentenfutter kosten?“
Als ich die Tüte wieder in die Hand nahm, begann Schnups wohlig zu schnurren. Ob er tatsächlich vom Studentenfutter probieren wollte? Die Nüsse hatte ich derweil alle verspeist, nur Rosinen hatte ich noch jede Menge zu bieten. Die mag ich nämlich nur im Kuchen. Rosinen pur sind so gar nicht mein Fall. Mein Mann mag sie allerdings sehr gerne. Der schnurrende Kater wich mir nicht von der Seite. Immer wieder versuchte er, an der Tüte zu schnuppern. Ob er auch wie mein Mann Rosinen mochte?
Spaßeshalber sammelte ich eine Rosine aus der Tüte und hielt sie Schnups hin. Verblüfft schaute ich zu, wie der Kater das süße kleine Etwas förmlich hinunterschlang. Und schon verlangte er mehr davon. Das konnte doch nicht wahr sein. Der Kater fraß Rosinen. Sie schienen ihm sogar richtig gut zu schmecken. Von diesem Tag an, war er immer zur Stelle, wenn auch nur eine Studentenfuttertüte knisterte und verlangte nach Rosinen.
Irgendwann las ich dann aber mehr zufällig, dass Rosinen bei Hunden, aber durchaus auch bei Katzen, Schaden anrichten können. Sie stehen in dem Ruf, Durchfall und Erbrechen hervorzurufen oder sogar Schlimmeres. Also verhängte ich von da an ein Rosinenverbot für den Kater, auch wenn er die kleinen Früchte noch so sehr mochte und uns jedes Mal furchtbar vollschnurrte, wenn er irgendwo Rosinen erschnüffelte. Schließlich wollten wir Schnups mit diesem doch recht ungewöhnlichen Leckerli nicht am Ende doch noch irgendwelche gesundheitlichen Probleme bereiten. Ich hoffte sehr, dass das durch mein unbedachtes Handeln zuvor nicht schon geschehen war.
Aber seltsam fand ich es schon, dass der Kater so wild auf Rosinen war. Irgendetwas Verlockendes müssen sie wohl für Katzen an sich haben – diese kleinen getrockneten Früchte. Einige Jahre später wurde ich mit dem Rosinenproblem und Katzen nämlich noch einmal konfrontiert. Unser Kater Pooky stand scheinbar ebenso wie Schnups auf Rosinen. Der hat sie sogar zu meinem Ärger einmal aus einem frisch gebackenen Hefetopfkuchen gepolkt. Die Kuchengeschichte mit und um Pooky ist übrigens auch in meinem Buch (Seite 174 ff.) im Kapitel „Rosinen im Kater“ zu finden.